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18.12.2025: Oral-History.Digital und die Plattformisierung

News vom 09.12.2025

Hermeneutik trifft auf Aufmerksamkeitsökonomie: Oral-History.Digital und die Plattformisierung qualitativer Forschung. Vortrag von Almut Leh und Cord Pagenstecher im Rahmen der Lecture Series "Plattform" des Forschungsschwerpunkts digitale_kultur, der FernUniversität in Hagen am 18.12.2025, 16 Uhr

'Ich interessiere mich für Biografien' – so beschreiben manche Menschen ihre Beweggründe, wenn sie Zugang zum Archiv Deutsches Gedächtnis online beantragen. Eines ist sicher: Der Online-Zugang verändert die Nutzung von Oral-History-Interviews. Aber wie genau? Und wie gehen wir als Betreiber einer Infrastruktur für Oral-History-Sammlungen mit neuen Nutzergruppen und verändertem Nutzerverhalten um? Oral-History.Digital (oh.d) ist seit 2023 online. Oh.d ist ein Interviewportal, eine Kurationsplattform und eine Forschungsumgebung, die es ermöglicht, Interviews gemäß den FAIR-Prinzipien online verfügbar zu machen. Nachdem die Freie Universität Berlin, das Archiv Deutsches Gedächtnis und die Werkstatt der Erinnerung ihre umfangreichen Sammlungen in die Plattform eingebracht hatten, wuchs die Zahl der Institutionen aus Forschung, Museen und Gedenkstätten, die oh.d. nutzen, innerhalb von sechs Monaten nach der Inbetriebnahme auf 34 an. Die Anzahl online verfügbarer Interviews wächst seitdem kontinuierlich (derzeit über 4.000), ebenso wie die Zahl von Nutzern. Wie können wir als Archivare und Infrastrukturbetreiber mit diesen neuen Nutzergruppen, die auch aus nicht-historischen Disziplinen kommen, umgehen? Um das zu beantworten, ist die Auswertung des Nutzerverhaltens ein wesentlicher Bestandteil der aktuellen Phase von oh.d. Ziel dieser Evaluation ist es, die Infrastruktur im Interesse der Nutzer*innen zu optimieren (FAIR-Prinzipien) und gleichzeitig die ethischen und rechtlichen Interessen der Interviewten zu wahren (CARE-Prinzipien). Darüber hinaus erwarten wir Erkenntnisse darüber, wie die digitale Rezeption die Forschung verändert.

Die Lecture Series des Forschungs­schwer­punktes (FSP) digitale_kultur ist ein fortlaufendes Veranstaltungs­format, das dem öffentlichen Austausch über aktuelle digitalitäts­theoretische Themen dient. Es setzt sich zusammen aus einem Vortrag von Wissenschaftler*innen aus dem FSP oder externen Gästen und einer anschließenden, moderierten Diskussion. 

Dr. Almut Leh ist Historikerin, sie ist Ko-Sprecher*in des FSP digitale_kultur, Sprecherin der beteiligten Forschungsgruppe Digital Humanities, Geschäftsführerin des Instituts für Geschichte und Biografie, Leiterin des Archiv Deutsches Gedächtnis, Mitherausgeberin von BIOS – Zeitschrift für Biographische Forschung, Oral History und Lebensverlaufsanalyse und seit 2002 Mitglied des Rates der International Oral History Association.

Dr. Cord Pagenstecher ist Historiker, arbeitet im Arbeitsbereich Digitale Interviewsammlungen der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, wo er das Projekt Oral-History.Digital (2020-2026) und die Beteiligung der FU Berlin am NFDI4Memory-Konsortium der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur koordiniert. Er hat an interviewbasierten Forschungs- und Lernplattformen zu den Themen Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, Colonia Dignidad und Kirchenasylbewegung gearbeitet und zu den Themen Nationalsozialismus, Tourismusgeschichte, Migrationsforschung, Oral History, Visual History und Digital Humanities publiziert. Er ist außerdem Assoziiertes Miglied des FSP.

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